Heike Zornow – Eine eher ungewöhnliche Handballkarriere

Wir schreiben den 11. Mai 2007. Nach einem packenden zweiten Entscheidungsspiel um die Teilnahme am Europapokal der nächsten Saison kommt es in Frankfurt/Oder zwischen dem gastgebenden FHC und dem VfL Oldenburg zum Siebenmeterwerfen. Beim Stande von 4:3 für den VfL tritt die heutige VfL-Kapitänin Angie Geschke für den FHC an den Siebenmeterpunkt. Ihr gegenüber steht die langjährige VfL-Torhüterin Heike „Zorro“ Zornow in ihrem letzten Spiel für die Oldenburgerinnen. Nach 18 Jahren Bundesliga wird sie nach diesem letzten Siebenmeter ihre abwechslungsreiche Karriere beenden. Noch einmal wird sie zeigen wie wertvoll sie noch immer für den VfL ist. Sie pariert den Wurf von Geschke und beschert damit dem VfL die erste Europapokalteilnahme seit 17 Jahren. Kein Grund für „Zorro“ ihren Entschluss zu überdenken. „Nun war es an der Zeit für etwas Neues“.

Schon als Jugendliche hatte die gebürtige Berlinerin das Trikot des VfL getragen. Und das überaus erfolgreich. In vier Jahren konnte sie unter Trainer Robert Schumann drei Deutsche Meistertitel feiern und auch die Teilnahme an der Junioren WM in Nigeria fiel in diese Zeit.  Ihre erste Bundesliga-Saison spielte sie dann allerdings nicht für den VfL, sondern 1989, im Alter von 19 Jahren, für Aufsteiger Tempelhof Mariendorf. „Meine Großeltern brauchten Unterstützung und deshalb bin ich zurück nach Berlin gegangen.“ Dass dieser Schritt ihrer Karriere nicht abträglich sein sollte, zeigte sich schon im Jahr drauf als sie mit der Deutschen Nationalmannschaft bei der A-WM in Südkorea teilnahm. „Ich kann gar nicht so genau sagen wie viele Länderspiele ich eigentlich habe. Es müssen so um die zwanzig sein. Das war mir nie so wichtig. Ich wollte vor allem spielen und nicht auf der Bank sitzen. Das war auch mit ein Grund warum ich nie zu einem der Spitzenclubs gewechselt bin“.

Während Anfang der Neunziger viele ehemalige Spielerinnen der DDR-Oberliga zu westdeutschen Vereinen wechselten ging „Zorro“ als erste Bundesligaspielerin den Weg in die andere Richtung. Beim SC Magdeburg erlebte sie ihre intensivste und interessanteste Zeit als Handballerin. „Das war gelebte Wiedervereinigung. Der ein oder andere hatte wohl noch die alten Feindbilder im Kopf es war ein harter Kampf. Mit den Mädels lief es aber super. Sie hat diesen Schritt nie bereut. Was sie nicht davon abhielt während ihrer Magdeburger Zeit eine halbjährige Auszeit zu nehmen. „Mein Traum war es ein „Piratenboot“ zu besitzen. Deshalb bin ich damals mit einer Freundin in die Türkei geflogen um dort eins zu kaufen. Als der Besitzer merkte, dass wir das Boot unbedingt haben wollten trieb er den Preis immer mehr in die Höhe, so, dass wir uns gegen den Kauf entschieden und ich mir stattdessen eine Wohnung kaufte“. Nach einem halben Jahr kehrte sie dann nach Berlin und zum SC Magdeburg zurück. „Auch, wenn aus meinem Traum nichts geworden ist, so habe ich es auf jeden Fall versucht“. Anders als „Zorro“ konnte ihre Freundin ihren Traum mittlerweile erfüllen. „Sarah und ich besuchen sie so oft es geht auf ihrem Hausboot in Berlin, was meiner inzwischen 15-jährigen Tochter super gefällt und wir die pulsierende Metropole genießen.“ Über die Station Herrentrup Blomberg kehrte sie 1999 wieder zum VfL zurück, dem sie bis zu ihrem Karriereende 2007 treu blieb. Aber so ganz konnte sie dann doch nicht vom Handball lassen. Als sie in den folgenden Jahren zweimal den Hilferuf eines Zweitligisten bekam schnürte sie 2008 (BVB Dortmund, Aufstieg 1. Liga) und 2009 (SC Markranstädt) noch einmal für einige Aufstiegsspiele ihre Handballschuhe bevor mit mittlerweile 39 Jahren endgültig Schluss war. Dem VfL treu geblieben ist sie als regelmäßige Zuschauerin in der EWE-Arena. Außerdem engagiert sie sich mittlerweile im Förderverein PLAY HANDBALL ZA ihrer ehemaligen Mitspielerin Nicola Scholl. Befragt man ehemalige Weggefährten von „Zorro“ loben alle ihre offene ehrliche Art und, dass sie sich nie in die Öffentlichkeit gedrängt hat. „Mit meiner Meinung habe ich nie hintern Berg gehalten, womit nicht jeder umgehen konnte. Für die ein oder andere Mitspielerin, Trainer oder Funktionäre war ich sicherlich ein unbequemer Zeitgeist“, fügt sie schmunzelnd hinzu.

So schön es auch war, nachtrauern tut sie ihrer Zeit als Handballerin nicht. „Das Leben ist viel zu schön dafür und hat noch so viel Neues und Unbekanntes zu bieten. Mein Leben bedeutet immer offen für Neues zu sein, Abenteuer zu suchen. Gemeinsam mit meiner Tochter das Leben zu genießen und die Welt zu erobern“. Als Ausgleich zu ihrem Job bei den Öffentlichen Versicherungen baut sie in ihrer Freizeit aus Paletten und alten Bohlen Möbel. „Das macht Spaß und ist für mich die pure Entspannung. Und die Finger sind auch noch alle dran“, erzählt sie mit einem Augenzwinkern. Fit hält sie sich mit Spinning, Schwimmen und im Sommer mit Inlinern. Mit letzteren hat sie sogar schon zweimal am Berlin Marathon teilgenommen.