VfLer messen sich mit den besten Seniorensportlern der Welt

Wahrlich nicht zum ersten Mal nahmen die drei VfLer Andreas Ritzenhoff, Pierre Wirth und Bernd Teuber Anfang August an einer Meisterschaft teil, aber erstmals taten sie dies im schwarz-rot-goldenen Nationaltrikot. Bei der 21. Seniorenleichtathletik WM im französischen Lyon, Anfang August, stellten sie sich der internationalen Konkurrenz aus insgesamt 99 Nationen. Neben Athleten aus Frankreich (1976 Teilnehmern), Deutschland (715) und den USA (428) waren unter den 8085 Teilnehmern auch welche aus so exotischen Ländern wie Aruba, Barbados, Kongo, Guyana, den Virgin Islands und Bangladesch am Start.

Da alle drei VfLer Quereinsteiger in ihren Disziplinen sind und diese erst seit kurzem Leistungssportmäßig betreiben ging es für sie bei ihrem Debüt im Nationaltrikot vor allem darum Erfahrung zu sammeln gegen die starke Konkurrenz, die Atmosphäre einer großen internationalen Meisterschaft zu genießen und mit gleichgesinnten aus aller Welt zusammen zu kommen. Was nicht heißen sollte, dass das Trio aus Oldenburg nicht gerne auch mit Jahresbestleistungen nach Hause kommen wollte.

Da man von Veranstalterseite die Wettkämpfe auf vier Stadien verteilt hatte verlief sich das Ganze ein wenig und in den ersten Tagen kam noch nicht so richtig WM-Stimmung auf, da häufig nur eine Disziplin gleichzeitig lief und so relativ wenig passierte. Dies änderte sich ab dem dritten Tag als die Mehrkämpfe vorbei waren und die Einzeldisziplinen die Stadien übernahmen. Vor allem die Laufdisziplinen erfuhren reges Zuschauerinteresse.

Eigentlich sollte die Eröffnungsfeier bereits am ersten Tag stattfinden. Da aber zu wenig Sportler bisher angereist waren wurde diese kurzfristig auf Freitag verschoben. Ein Erlebnis der ganz besonderen Art. Beim Einmarsch der Nationen lief es so manch einem der teilnehmenden Sportler kalt den Rücken runter. Jeder feierte jeden. Einige Sportler traten auch in Landestracht auf. Den Vogel schoss dabei sicherlich eine Mexikanerin ab, die als Azteken-Prinzessin ins Stadion kam. Da das deutsche Team als eines der Ersten einmarschierte hatten sie das Glück den größten Teil der Veranstaltung vom Rasen aus mitzuerleben. Anders die Franzosen als Gastgeber die nur ihren eigenen Einmarsch mitbekamen und sowie die zahlreichen Reden, die kein Ende nehmen wollten.

Der „erfahrenste“ VfLer war der ehemalige 800m-Läufer Andreas Ritzenhoff, der bereits im Herbst 2013 mit dem Gehsport angefangen hat. Für ihn ging es über 5000m auf der Bahn vor allem darum nach den schlechten Erfahrungen bei den NDM in Jüterborg, wo er 20 m vor dem Ziel disqualifiziert wurde, ins Ziel zu kommen. Dies gelang ihm mit Bravour. Ohne eine einzige Verwarnung ging er bei 38 Grad im Schatten, 53 Grad auf der Bahn, in 29:01 Minuten auf einen hervorragenden zehnten Platz. „Da bei diesen Bedingungen eine neue Bestzeit utopisch gewesen wäre bin ich lieber etwas verhaltener angegangen um eine Disqualifikation zu vermeiden. Ich bin vor allem froh, dass ich durchgekommen bin. Kein Grund euphorisch zu werden, beim nächsten Mal kann es mich wieder erwischen“, ist er sich im Klaren darüber, dass es sehr abhängig von den jeweiligen Gehrichtern ist ob man die rote Karte sieht oder nicht. Lohn für die gute Leistung war dann die Nominierung für die Mannschaft beim 10 km Straßengehen drei Tage später. „Da bin ich dann mit Weltmeister Steffen Borsch in einem Team gewesen. Das setzte mich schon ein wenig unter Druck, da ich nicht derjenige sein wollte der durch seine Disqualifikation die Mannschaft sprengt. Immerhin hatten wir durchaus Medaillenchancen“, spürte der Oldenburger vor dem Wettkampf die Verantwortung die auf seinen Schultern lag. Deutlich mutiger als drei Tage zuvor ging er dann die 10 km an und hatte bei der 5 km Zwischenzeit eine Zeit stehen die sogar 12 Sekunden schneller war als seine Endzeit über 5000m. Das Tempo konnte er zwar nicht bis ins Ziel halten, verlor aber weniger Zeit als seine Konkurrenten, so dass er sich noch um zwei Plätze auf den 13. Platz nach vorne schieben konnte. Mit der Mannschaft reichte es am Ende für den vierten Platz und mit seiner Endzeit von 58:56 Min. erfüllte er seine Zielzeit fast auf die Sekunde genau.

Gerademal seit einem Jahr ist der ehemalige 5000m-Läufer Bernd Teuber als Sprinter unterwegs, von daher ging es für ihn einzig um eine gute Zeit über 200 und 400 m. Eine Qualifikation für eines der drei Halbfinals, durfte bei vierzehn Vorläufen mehr als utopisch anzusehen gewesen sein. Als zweiter seines Vorlaufs konnte er in 27.03 Sekunde seine zweitschnellste 200m-Zeit erzielen und war damit mehr als zufrieden. Selbst eine Zeit unter 27 wäre noch drin gewesen wenn er nicht in Langstrecklermanier mit aufrechtem Oberkörper durchs Ziel gelaufen wäre. Auf bestem Wege eine neue Jahresbestleistung aufzustellen war er dann drei Tage später über die 400m. Aber nach etwas mehr als 300 m war der Akku leer und er rettete sich in 61.45 über die Ziellinie. „Diese Rennen sind mit nichts zu vergleichen was ich bisher gemacht habe. Die Atmosphäre ist was ganz besonderes, das muss man auch erst einmal verarbeiten. So nervös war ich selten vor einem Wettkampf“, zeigte er sich beeindruckt von der ganzen Atmosphäre und dem hohen sportlichen Niveau der Veranstaltung.

Die gleiche Zielsetzung galt auch für Pierre Wirth, der über 100 m und im Weitsprung an den Start gegangen ist. Wirth ist im VfL-Trio noch der unerfahrenste. Erst im vorherigen September begann der ehemalige Volleyballer und amtierende Landesmeister im Sommerbiathlon mit der Leichtathletik. Und das mit Erfolg. Gleich im ersten Wettkampf konnte er sich für die Deutschen Hallenmeisterschaften der Senioren in Erfurt qualifizieren. Als erster der drei VfLer an den Start gegangen setzte er über 100 m gleich ein Ausrufezeichen indem er in 13.06 eine neue Bestzeit erzielte, was die anderen beiden schon ein wenig unter Druck setzte es ihm gleichzutun. In der Weitsprung Qualifikation landete er dann mit 4,98 m auf einem guten 16. Platz. Auch wenn es nicht zu einer Medaille reichte, verstecken mussten sich die drei VfLer in Lyon keineswegs.

Auch Trainer Jürgen Wegner zeigte sich beeindruckt von den Leistungen seiner Schützlinge. „Das waren durchweg hervorragende Präsentationen der drei Lyon-Starter. Damit können wir mehr als zufrieden sein.“

Es war kaum möglich sich in Lyon zu bewegen ohne mitzubekommen, dass zurzeit ein großer internationaler Sportevent stattfindet. Überall hingen große Plakate die darauf hinwiesen. Selbst in den Hotels wurden die Sportler mit „Welcome“-Plakaten empfangen. Am Flughafen, hier war sogar eine Tartanbahn auf den Boden gemalt, sowie an den Metrostationen wiesen Hinweisschilder den Sportlern den richtigen Weg. Viele Sportler trugen ihre Trainingsklamotten und Akkreditierungen auch außerhalb der Stadien, so dass man diese auch in der Stadt immer sofort erkannte. So kam es auch zu manch interessantem kennenlernen außerhalb des sportlichen Vergleichs.